Kommentar der Zeitung abc color

Korruption und Unfähigkeit ertränken Ciudad del Este

Das ehemals blühende internationale Handelszentrum Ciudad del Este welkt derzeit dahin durch die Lähmung und Ohnmächtigkeit abertausender Geschäfte und Firmen, die ihre Tore geschlossen haben und weiterhin schließen, was unendlich viele Menschen in die Arbeitslosigkeit treibt und Familien die Lebensquellen abschneidet, ohne daß eine Aussicht der Wiederbelebung der Wirtschaft besteht. Die missbräuchliche Politik harter Handelsbeschränkung durch Brasilien mit der Zwangsreduktion des Einkaufstourismus auf minimales Niveau und die Einrichtung eines polizeilichen Kontroll- und Überwachungssystems an der Grenze, das eines wahren Polizeistaats würdig ist, hat Ciudad del Este an den Rand des totalen Ruins getrieben.

Es ist ein Irrtum, anzunehmen - wie die Regierenden in Asunción das tun - daß der Schaden dieser ungerechten Politik der Handelsrestriktion durch Brasilien und das nun sichtbar werdende wirtschaftliche Ersticken von Ciudad del Este auf die Hauptstadt des Landes Alto Paraná beschränkt bliebe oder nur die östliche Region des Landes beträfe. Die Schäden für Paraguay werden sich bald auf landesweiter Ebene zeigen - durch das Anwachsen der extremen Armut, den Anstieg der Kriminalität und vor allem durch die Abwanderung großer Kontingete vernichteter, arbeitsloser und in totale Verzweiflung gefallener Menschen.

Aber ein weit schwererer und ungerechter Fehler ist es, Ciudad del Este oder seinen Einwohnern diese ernste Situation anzulasten, als ob sie dafür verantwortlich seien oder die restriktive Politik und die wirtschaftlichen Repressalien Brasiliens verdienten, die die Stadt ertränken. Die Bevölkerung von Ciudad del Este verdient diesen übergroßen Angriff auf seine Bürger nicht - und das noch weit weniger zu einem Zeitpunkt der Tragödie und der Verzweiflung. Es gibt keinen Zweifel, daß Milliarden US-Dollar durch den Finanzzyklus Ciudad del Estes geflossen sind und fließen, die aus der Kapitalflucht aus Brasilien, der Geldwäsche, dem Schmuggel, der Markenpiraterie, der Zigarrettenschieberei, dem Waffenhandel, dem Drogenhandel etc. stammen. Ebensowenig bestehen Zweifel daran, daß diese geheimen Handels- und Finanzbewegungen einen hohen Prozentsatz des gesamten Geldes ausmachen, das in dieser bemerkenswerten Drei-Grenz-Region zirkulierte und noch zirkuliert. Und man kann auch nicht daran zweifeln, daß es diese Vergehen sind, die die brasilianische Regierung mit ihrem brutalen Angriff zu bekämpfen sucht.

Nichtsdestoweniger - die Milliarden zweifelhafter Herkunft, die in Ciudad del Este zirkulieren, haben nichts mit der Bevölkerung und noch viel weniger mit den in Alto Paraná ansässigen Geschäftsleuten zu tun, sondern mit einer sehr kleinen Gruppe von Personen großen Reichtums, einer Handvoll Grenzverbrecher deren größerer Teil in anderen Städten ansässig ist, Asunción eingeschlossen. Fast alle Läden und Firmen in Ciudad del Este haben weder mit der Mafia, der Markenpiraterie, dem Schmuggel, dem Drogenhandel noch mit der Kapitalflucht zu tun. Aber die Schuld trifft mit Bestimmtheit die Regierung, die, wurmstichig durch die allgemeine Korruption und geschwächt durch die Unfähigkeit ihrer Beamten, erlaubt hat - Bestechung war auch im Spiel -, daß das Verbrechen und die Mafia sich in Ciudad del Este festsetzen und gedeihen konnten, auf dem Höhepunkt Brasilien dahin bringend, daß es extreme und der Bevölkerung gegenüber ungerechte Maßnahmen ergreifen mußte. Die Mafiosi, in Zusammenarbeit mit der Regierung, werden problemlos in anderen Grenzzentren weiterarbeiten können, wenn Ciudad del Este zusammenbricht - während die arbeitende Bevölkerung zum Ruin verdammt ist.

Das ganze Land sollte zur Verteidigung der Hauptstadt von Alto Paraná aufbrechen, von der Regierung verlangen, daß sie Brasilien zur Beseitigung der Restriktionen bewegt. Gleichzeitig müssen die Behörden sofort drastische Maßnahmen gegen die Verbrechen in Ciudad del Este ergreifen und die korrupten Beamten und Unternehmer finden und strafrechtlich verfolgen, die Komplizen des organisierten Verbrechens sind und es begünstigen.

Berichterstattung in paraguayischen Medien: